Aikido-Bundeslehrgang vom 21. – 23.01.2022 in Malente
07. Februar 2022 Lehrgänge
Dem Wunsch vieler Aikidoka folgend organisierte unser Technischer Leiter Pieter Genzow noch kurzfristig einen Ausrichtungstermin für einen Bundeslehrgang im Leistungszentrum Malente, in diesem Fall für ein „langes Wochenende“ von Freitag bis Sonntag.
Die Corona-Bestimmungen, die gem. Auskunft des SBZ-Malente für alle Gäste des Hauses einzuhalten waren, schrieben für alle Teilnehmer einen aktuellen Test vor, unabhängig vom jeweiligen Impf- oder Genesenenstatus. Dies erforderte zwar zusätzlichen Aufwand, gab aber allen Beteiligten ein sicheres Gefühl, so dass wir unbefangen trainieren konnten. Nach 16 kurzfristigen Absagen wegen Corona-Verunsicherung (Verdacht einer möglichen eigenen Infektion, Sorge vor Ansteckung u. Ä.) trafen sich 36 Teilnehmer in dem schönen Dojo, eine für dortige Raumverhältnisse ideale Größenordnung.
Für das „lange Wochenende“ waren neun Zeitstunden eingeplant, damit ließen sich 4 „Technische Einheiten“ für Bundeslehrgänge verwirklichen. Das tat Roger Zieger, 6. Dan Aikido aus Berlin, dann auch, und zumindest ich war – so kurz nach der Weihnachtspause – am Ende so richtig platt.
Als sei das noch nicht genug, bot Rogers Partner Victor Bender zusätzlich vor jedem Training ein zwanzigminütiges „Warm-up“ an, und Alwina Bender ebenso eine Faszien-Massage im Anschluss daran. Wir hatten also wirklich ein „volles Programm“!
Roger hatte sich als Thema die 3. Kata vorgenommen. Die TK hatte als Folge lebhafter inhaltlicher Diskussion für die dritte Kata eine inhaltliche Zielbeschreibung vorgenommen (https://aikido-bund.de/techniken/dritte_kata/). Diese bringt eine deutliche Abweichung gegenüber den anderen Katas im DAB zum Ausdruck. Die deutlichste: Der Ausführende bestimmt die Form seiner technischen Ausführung selbst.
Der Zielsetzung für die dritte Kata folgend, konzentrierte Roger sich zunächst auf die einzelnen Techniken der 3. Kata und stellte hierbei jeweils Schwerpunkte, häufig festzustellende Fehler und Ausführungsziele heraus. Hierbei gab er jeweils er eine Fülle technischer Hinweise und demonstrierte technische Wege sowie häufige Fehler. Zum Beispiel:
- Uke nicht in dessen stabiler Haltung auf sich ziehen (Shiho-nage, Irimi-nage, Ude-kime-nage), sondern möglichst sofort destabilisieren (schräg stellen), um ihn dann weiterzuführen und zu werfen.
- Shiho-nage: Uke in der Abwurfphase nicht aufrecht belassend vorwärts schieben, sondern mit einer Rückwärtsbewegung der Hüfte und übertragender Hebelwirkung zunächst in starke Rückenlage bringen und dann abwerfen.
- Ude-kime-nage: Uke in der Abwurfphase nicht nur einen Impuls nach vorne mitgeben, sondern nach unten kippend/hebelnd dadurch aus dem Gleichgewicht bringen.
- Kaiten-nage soto: Nach dem Fauststoß des Uke sich mit zurückbewegender eigener Hüfte in dessen zurückziehende Faust synchronisieren.
- Juji-garami: Nach der Ausweichbewegung Ergreifen des oberen Angreifer-Armes von unten (für das Ziel des späteren Kreuzens der Ellenbogengelenke) über eine Drehbewegung der Hüfte realisieren.
- Tenchi-nage: Ellenbogen der „Himmel-Hand“ nicht nach außen drehen, sondern nach innen.
- Sumi-otoshi: Von Uke gefasste „Erde-Hand“ nicht nur schräg nach außen, sondern in aufrechter Körperhaltung vor allem tief nach unten führen.
- Kokyu-nage: Uke mittels drehender Führung der eigenen Tegatana aus der Linie führend schrägstellen/destabilisieren und in einer Vorwärtsbewegung nach unten abwerfen.
- Kote-gaeshi: Verhebelung der Hand nicht drückend, sondern ziehend ausführend.
Mit deutlicher Körpersprache und anschaulichen und teilweise auch sehr lustigen Bewegungsbeispielen ließ Roger uns Probleme und Fehlerquellen erkennen. Der aufmerksame Teilnehmer konnte eine Fülle technischer Informationen, mehr als nur die oben erwähnten, aufnehmen. Sodann bot er eine eigene Form für die Darstellung in der dritten Kata an, wobei er darauf hinwies, dass jeder seine eigene Form für sich finden müsse. Rogers eigener beispielhafter Darstellung war anzusehen, dass ihm auch bei der dritten Kata ein ästhetischer äußerer Rahmen wichtig war, und dass ihm die Auseinandersetzung des Übenden mit einer äußeren Zielform ein wichtiger pädagogischer Bestandteil des Aikido-Weges ist. Es gelte, „sich an der Form abzuarbeiten“, als eine Säule des Aikido-Trainingsweges.
Neben des Kata-orientierten Trainings forderte Roger Aikidoka auf, die sich selbst prüfen wollten, sei es wegen einer bevorstehenden Dan-Prüfung oder nur, um sich einmal selbst unter Publikum zu testen, Jiyu-waza oder Katas zu zeigen.
Das SBZ Malente bietet Training, Unterkunft, Verpflegung und gemütliches Beisammensein an einem Ort an. Ja, richtig gelesen, die Abendbar hat eine neue Betreiberin und ist endlich wieder in Betrieb. Mit deren Namen hat sich zwar leider auch die Biersorte geändert, dies tat aber dem intensiven Gespräch am Abend keinen Abbruch. So hatten wir trotz einiger interner organisatorischer Probleme des SBZ (neue Leitung, z.T. neues Personal, interne Kommunikationsprobleme, kalte Duschen) ein sehr ausgefülltes Programm.
Unser Dank gilt dem in seiner Lehre und Darstellung sehr intensiv wirkenden Meister Roger Zieger sowie Victor Bender, Alwina Bender und Pieter Genzow als Lehrgangsleiter. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen!
Ulrich Schümann